Wealthcap Future Lab
„Mut zur konsequenten Nachhaltigkeit“
Welchen Impact hat das Action Field #CIRCULAR ECONOMY auf die Stadt und Immobilie von morgen? Dazu hat das Future Lab mit Prof. Amandus Samsøe Sattler, Architekt und Präsident des DGNB e. V., gesprochen.
Inhalt der Studie
Wie sieht die Zukunft der Immobilienbranche aus? Wie bleiben beziehungsweise werden Bestandshalter langfristig resilient? Mit den drängenden Fragen der Zeit setzt sich das „Future Lab“, eine von Wealthcap ins Leben gerufene Expertenplattform, auseinander. Auch Prof. Amandus Samsøe Sattler hat unser Projekt mit seiner Expertise bereichert: In seiner Position als Präsident des DGNB e. V. ist er nicht nur Repräsentant des Themas Nachhaltigkeit, sondern prägt es als Architekt auch praktisch. Gemeinsam mit Raphael Gielgen, Trendscout beim Möbelhersteller Vitra, spricht Sattler über sein Kernthema nachhaltiges Bauen.
Wealthcap Future Lab - Shark Session mit Prof. Amandus Samsøe Sattler, Präsident des DGNB e. V.
Wie sieht die Zukunft der Immobilienbranche aus? Wie bleiben beziehungsweise werden Bestandshalter langfristig resilient? Mit den drängenden Fragen der Zeit setzt sich das „Future Lab“, eine von Wealthcap ins Leben gerufene Expertenplattform, auseinander. Auch Prof. Amandus Samsøe Sattler hat unser Projekt mit seiner Expertise bereichert: In seiner Position als Präsident des DGNB e. V. ist er nicht nur Repräsentant des Themas Nachhaltigkeit, sondern prägt es als Architekt auch praktisch. Mit Raphael Gielgen, Trendscout beim Möbelhersteller Vitra, und Sonja Straubinger von Wealthcap spricht Sattler über sein Kernthema nachhaltiges Bauen.
Suffizienz als tragende Säule der Nachhaltigkeit
Die Zukunft verlangt, dass wir lernen, mit den vorhandenen Ressourcen zu haushalten. „Die Kreislaufwirtschaft ist ein wechselseitiger Prozess“, hält Sattler fest. „Wir müssen vom Kleinen ins Große denken – und umgekehrt.“ Quartiere sind ein guter Ansatzpunkt, doch auch die Politik muss sich die Wiederverwertbarkeit stärker ins Bewusstsein rufen. Luft nach oben gibt es beim Thema Müll. Die Entsorgung nimmt freie Räume und Ressourcen in Anspruch: „Wiederverwertbare Materialien werden ausrangiert, automatisch zu Müll degradiert und aufwendig entsorgt“, so Sattler.
Verpasste Chancen gibt es auch in der Immobilienwirtschaft: Circular Economy muss früher als erst beim Abriss einer Immobilie beginnen. „Bestandsobjekte gelten oft als Hindernis. Dabei stecken viele Potenziale in ihnen. Dem Bestand gehört die Zukunft“, versichert Sattler. Das Problem: Bestandsgebäude müssen individuell angepasst werden, Neubau dagegen folgt bekannten Mustern, ist berechenbar und damit komfortabel. Hier erfordert Umdenken Interesse und Mut. „Deshalb geht es dabei eben nicht nur um das spätere Recycling von Baumaterialien, im Gegenteil: Jede Immobilie, die einfach und ohne großen Aufwand neu genutzt werden kann und nicht abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden muss, ist ein Fortschritt in Richtung Kreislaufwirtschaft.“ Zu mehr Nachhaltigkeit sind allerdings auch eigene Einschränkungen unvermeidlich: „Die Zeiten des grenzenlosen Komforts sind vorbei. Suffizienz ist eine tragende Säule der Nachhaltigkeit. Auch in puncto Immobilien brauchen wir eine genügsamere Lebenseinstellung“, gibt Sattler zu bedenken.
Der Wiederverwertung von Immobilien gehört die Zukunft
Rückbau und Sanierung werden mit Zertifizierungen abgedeckt, Wiederverwertung dagegen nicht. Sattler schlägt deshalb vor, Förderprinzipien zielgerichtet auf individuelle Maßnahmen bei der jeweiligen Immobilie anzuwenden. Eine ernsthafte Kreislaufwirtschaft brauche Gestaltungsfreiräume, so Sattler. Naheliegend wären vorgefertigte Bausysteme, aber dies hält er bei Sanierungen nur begrenzt für sinnvoll. „Für Ausbau und Zubau gerne, aber Immobilien leben von ihrer individuellen Qualität und Ästhetik. Vorgefertigte Systeme zerstören den Reichtum an Tradition und Bauweisen“, meint Sattler.
Dabei müssten wir das Rad nicht neu erfinden, sondern unseren Blick für Altbekanntes schärfen. Gründerzeitviertel mit Gebäuden von vor 150 Jahren entsprechen den heutigen Spielregeln im Bau. „Es sind die in fast jeder Stadt beliebtesten Stadtteile, extrem dicht bebaut, mit begehrten Wohnungen und Gewerbeflächen im Erdgeschoss, noch dazu dank dicker Mauern relativ gut gedämmt. Davon kann und sollte man heute lernen.“ Es gibt also viele Wege, die Zukunft nachhaltig zu gestalten. „Der enge Fokus auf das Thema Energie gleicht dabei einer selbst auferlegten Schranke. Diskussionen um Dämmung und Photovoltaikanlagen sind wichtig, aber nur einer von vielen Referenzpunkten“, findet Sattler. Der Erhalt der „grauen Energie“ als CO2-Senke, der Wiederverwendung und Weiterentwicklung von Immobilien komme genauso viel Bedeutung zu.
Die Perspektive der Bewohner:innen gibt den Takt vor
„Spekulationen und die Suche nach dem Renditemaximum sind die aktuellen Antriebsfedern in der Stadtentwicklung. Nachhaltige Qualität und der Lebenswert fallen dabei unter den Tisch“, kritisiert er. „Liveable Cities“ müssen neue Räume erschließen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Eine Möglichkeit besteht darin, den Autoverkehr stärker aus der Stadt zu verbannen: Straßen und Parkplätze könnten zugunsten von Grünflächen und Pocket-Parks zurückgedrängt werden. „Wild wachsende Natur auf einer Straßenkreuzung, das ist die Zukunft“, so Sattler. Die Perspektive der Bewohner:innen gibt den Takt vor: „Wer ansprechend gestaltete, begrünte öffentliche Räume – ohne den ‚Zwang‘, dort zu konsumieren – direkt vor seiner Haustür findet, geht gerne nach draußen und belebt den Stadtraum“, meint er.
Eine Umbaukultur etablieren
„Dass heute so viele Häuser abgerissen werden, tut mir in der Seele weh.“ Für Sattler zeichnet sich eine lebenswerte Stadt dadurch aus, dass die Immobilien erhalten bleiben. „Es braucht keinen Zerstörungswahn, in dessen Anschluss wieder neue Häuser hochgezogen werden. Stattdessen müssen wir eine Umbaukultur etablieren“, so Sattler. Weniger verschwendete Materialien, mehr weitergenutzte Immobilien, das ist auch eine soziale Komponente, so entstehen lebenswerte Räume für Menschen in den Städten. Bei der Lebensqualität spielt das Gemeinwohl eine zentrale Rolle. „Die Digitalisierung kann eine Stütze sein, wie wir die Menschen in einem Quartier zusammenbringen und zum Austausch bewegen können. Allheilmittel ist die Technik jedoch nicht“, hält Sattler fest. „Liveable Cities“ sind weder rein wirtschaftlich noch technologisch gedacht, sie orientieren sich an den Bedürfnissen und der Lebensrealität der Menschen.
Definition Action-Field: Circular Economy
Städte von morgen sind net-zero, das heißt klimaneutral. Sie basieren auf dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft und haben eigene Ökosysteme. Mit den regulatorischen Grundlagen der EU werden nach und nach Rahmenbedingungen gesetzt, die Maßgabe für alle Akteur:innen sind.
Bereits mit Beginn der 2020er-Jahre haben die Kapitalmärkte mit ihrem Investitions- und Finanzierungsverhalten darauf reagiert.Mit Blick auf die nachfolgenden Generationen haben sich weite Teile der Gesellschaft unabhängig von der politischen Färbung und des Milieus zu einem Umdenken zu mehr Nachhaltigkeit bekannt.Der/Die Einzelne übernimmt Verantwortung für sein/ihr Tun, indem er/sie bewusst den eigenen ökologischen Footprint vor Augen hat und optimiert, sich aktiv einbringt, Ressourcen schont und teilt.
Städtische Quartiere sind die Grundlage dafür, den Alltag nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Dezentrale Energiesysteme mit smarten Netzen und dem konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien, zum Teil direkt an der Immobilie, sind Treiber für Net-Zero.Eine Immobilie von morgen ist eben nicht nur eine Immobilie. Sie ist eine aktive Akteurin in einem neu etablierten Ecosystem von Gebäuden.