ESG Immo­bilien Zielfonds­investments
Ar­ti­kel • 2020-05-06

ESG In­ves­tor-In­ter­view

„Wir wol­len vor der Wel­le sur­fen“

Ka­pi­tal ge­winn­brin­gend und nach­hal­tig investieren. Kein Wi­der­spruch. Uwe Zeid­ler vom Ver­sor­gungs­werk der Zahn­ärz­te­kam­mer Nord­rhein über Im­pact-Investments in so­zia­le In­fra­struk­tur, Green Buil­dings – und ur­ba­ne Seil­bah­nen.

Le­se­zeit: 4 Mi­nu­ten
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Ka­pi­tal ge­winn­brin­gend investieren und zu­gleich eine po­si­ti­ve Aus­wir­kung auf Um­welt und Ge­sell­schaft er­zeu­gen – ein heh­res Ziel vie­ler Anleger, in gu­ten wie in her­aus­for­dern­den Zei­ten. Doch auf kei­nen Fall ein Wi­der­spruch. Di­plom-Öko­nom Uwe Zeid­ler er­läu­tert, wel­che Rol­le Im­pact-Investments für sei­ne In­ves­ti­ti­ons­stra­te­gie bei Real Assets spie­len. Seit 2013 ist er ei­ner von zwei Ge­schäfts­füh­rern des Ver­sor­gungs­werks der Zahn­ärz­te­kam­mer Nord­rhein.

Uwe Zeid­ler

Ge­schäfts­füh­rer des Ver­sor­gungs­werks der Zahn­ärz­te­kam­mer Nord­rhein

Herr Zeid­ler, Real Assets lie­gen stark im Trend. Wie be­wer­ten Sie Sach­wert-Investments und wel­che Er­war­tun­gen stel­len Sie an die­se Stra­te­gie?

Uwe Zeid­ler: Wir sind ei­nes der äl­tes­ten Ver­sor­gungs­wer­ke Deutsch­lands und das größ­te, das aus­schließ­lich für Zahn­ärz­te zu­stän­dig ist. Wir nä­hern uns ak­tu­ell den vier Mil­li­ar­den Euro Assets un­der Ma­nage­ment und ha­ben ins­ge­samt fast 11.000 Mit­glie­der – Ein­zah­ler wie Leis­tungs­be­zie­her. Wie alle an­de­ren Ver­sor­gungs­wer­ke auch stellt uns die Nied­rig­zins­pha­se vor Heraus­forde­rungen.

Real Assets sind für uns mehr als Immo­bilien, aber blei­ben wir ru­hig zu­nächst da­bei: Wir sind in ers­ter Li­nie Cash­flow-ori­en­tiert. Uns interes­siert bei ei­nem Immo­bilien-In­vest­ment die nach­hal­ti­ge lau­fen­de Net­to­ren­di­te ab­züg­lich al­ler Kos­ten. Wir sind lang­fris­ti­ge Be­stands­hal­ter und schau­en des­halb we­ni­ger auf die Ge­samt­ren­di­te, zu der auch Wert- be­zie­hungs­wei­se Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne zäh­len. Wer weiß schon, was in zehn, 15 oder 20 Jah­ren ist, wenn wir das Ob­jekt wo­mög­lich wie­der ver­äu­ßern? Die Ge­samt-IRR kann sich über die Lauf­zeit durch­aus ver­än­dern. Uns ist da der Spatz in der Hand lie­ber als die Tau­be auf dem Dach.

Wie ge­hen Sie bei Immo­bilien-Investments vor? Wel­che Ka­pi­tal­an­la­ge wür­den Sie emp­feh­len?

Uwe Zeid­ler: Als Ver­sor­gungs­werk sind wir an be­stimm­te Re­gu­la­ri­en ge­bun­den, al­len vor­an an das VAG und die An­la­ge­ver­ord­nung. So dür­fen wir Di­rekt­in­vest­ments ei­gent­lich nicht selbst le­vera­gen, also mit Fremd­ka­pi­tal die Ei­gen­ka­pi­tal­ren­di­te he­beln. Un­ter an­de­rem aus die­sem Grund ha­ben wir auch vor zwei Jah­ren all unsere Di­rekt­in­ves­ti­tio­nen auf eine In­vest­ment-KG über­tra­gen. Ein ge­son­der­tes Ri­si­ko­con­trol­ling und Re­port­ing er­mög­licht uns im Rah­men die­ser KG die Kon­trol­le über die ein­zel­nen Assets. In­ves­ti­tio­nen über unsere KG tä­ti­gen wir al­ler­dings nur in nächs­ter Um­ge­bung im Rhein­land, oder in Aus­nah­me­fäl­len auch mal in­ner­halb Deutsch­lands – aber nie­mals über die Lan­des­gren­zen hin­aus.

Wir investieren selbst­ver­ständ­lich über Fonds­struk­tu­ren. Ge­ra­de für Investments au­ßer­halb von Deutsch­land oder für The­men wie Ho­tels oder Ein­zel­han­del su­chen wir uns ei­nen Spe­zia­lis­ten. Ei­ge­ne Mit­arbeiter sowie ein Tool kon­trol­lie­ren dann die­se Fonds bis ins kleins­te De­tail.

Wie re­le­vant sind ESG-Kri­te­ri­en bei Ihrer In­ves­ti­ti­ons­stra­te­gie?

Uwe Zeid­ler: Auf unserer Prio­ri­tä­ten­lis­te ste­hen ESG-kon­for­me Investments ganz weit oben. Da­bei stre­ben wir in al­len As­set-Klas­sen nach Im­pact-Investments. Da­mit sind Investments ge­meint, die nicht nur be­stimm­te Um­welt- oder So­zi­al­kri­te­ri­en er­fül­len, son­dern di­rek­te Aus­wir­kun­gen ha­ben, wie Erneuer­bare-En­er­gie-An­la­gen oder so­zia­le In­fra­struk­tur, also Schu­len oder Kran­ken­häu­ser. Wir ver­su­chen da­bei im­mer, weit vor der Wel­le zu sur­fen. Zum Bei­spiel wan­deln wir der­zeit ein al­tes Post­ver­teil­zen­trum in Düs­sel­dorf in eine Stadt­bi­blio­thek um. Und wir investieren in ur­ba­ne Seil­bah­nen; die sind bau­lich viel we­ni­ger kos­ten­in­ten­siv und zeit­auf­wen­dig als eine U-Bahn. Im ver­gan­ge­nen Jahr ha­ben wir ei­nen ei­ge­nen Fonds auf­ge­setzt, der in Kin­der­gär­ten in­ves­tiert. Sol­che hoch­in­ter­es­san­ten und krea­ti­ven Ideen feh­len bis­lang auf dem Markt. Höchs­te Prio­ri­tät hat für uns ein In­vest­ment, das ei­nen po­si­ti­ven Im­pact auf unsere Ge­sell­schaft aus­übt – und zwar am bes­ten in unserer Hei­mat­re­gi­on.

Für Re­port­ing-Vor­ga­ben aus der EU sind wir noch zu klein, da lie­gen wir un­ter dem Ra­dar. Trotz­dem ha­ben wir ESG-kon­for­me Investments auf unserer Agen­da. Pen­si­ons­kas­sen, die sich auf­grund ihrer Grö­ße mit dem The­ma schon be­schäf­ti­gen müs­sen, investieren na­tür­lich auch ent­spre­chend den Richt­li­ni­en. Ver­mut­lich wer­den al­lein die Re­port­ing-An­for­de­run­gen da­für sor­gen, dass nach­hal­ti­ge In­ves­ti­tio­nen auf dem Markt künf­tig kei­ne Be­son­der­heit mehr dar­stel­len.

Wel­che Rol­le spie­len da­bei re­gu­la­to­ri­sche Rah­men­be­din­gun­gen – jetzt und in Zu­kunft?

Uwe Zeid­ler: Als Ver­sor­gungs­werk sind wir nicht an Re­gu­la­ri­en ge­bun­den oder dazu ver­pflich­tet, ei­nen Min­dest­an­teil an In­ves­ti­tio­nen ESG-kon­form zu leisten. Wir ste­hen al­ler­dings in Ge­sprä­chen mit unserer Lan­des­auf­sicht, die das The­ma der­zeit im gro­ßen Kreis dis­ku­tiert. Ei­ni­ge dem Land zu­ge­ord­ne­te Pen­si­ons­fonds sind schon stark ESG-kon­form aus­ge­rich­tet wor­den. Fes­te Quo­ten gibt es je­doch noch nicht. Es ist unsere in­trin­si­sche Mo­ti­va­ti­on, den Nach­hal­tig­keits­ge­dan­ken schon jetzt zu le­ben.

In ab­seh­ba­rer Zeit, ich ver­mu­te in viel­leicht fünf Jah­ren, wer­den die­se Kri­te­ri­en je­doch un­ab­hän­gig von der Grö­ße ver­pflich­tend für alle sein. Wenn wir das ab­se­hen kön­nen, warum dann nicht schon jetzt handeln? Dann sind wir schon in­ves­tiert, wenn die ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten kom­men. Es mag sein, dass sich die­ser Pro­zess durch die Co­ro­na-Kri­se ver­lang­samt, aber eine stär­ke­re Ver­pflich­tung wird kom­men, da­von sind wir über­zeugt.

Wie be­wer­ten Sie denn die Nach­hal­tig­keits­zer­ti­fi­zie­run­gen im Im­mo­bi­li­en­sek­tor? Spielt das für Ihr Port­folio be­reits eine Rol­le?

Uwe Zeid­ler: Es fehlt an struk­tu­rier­ten, sinn­vol­len Be­wer­tun­gen, an de­nen wir uns ori­en­tie­ren kön­nen – der Zer­ti­fi­zie­rungs­markt ist ein­fach zu un­über­sicht­lich. Bei li­qui­den Assets sind wir für unseren Nach­hal­tig­keits­be­richt schon re­la­tiv weit ge­kom­men: 80 Pro­zent las­sen sich be­reits nach ESG-Kri­te­ri­en be­wer­ten. So weit sind wir bei Immo­bilien noch lan­ge nicht. Auf Port­fo­li­oe­be­ne gibt es noch zu we­nig, um be­last­ba­re Scorings und Ran­kings zu er­stel­len. Wenn wir in eine Im­mo­bi­lie investieren oder ein Ob­jekt bau­en, dann wol­len wir im­mer die­se Stan­dards er­rei­chen oder so­gar über­erfül­len. Die­se Qua­li­tät möchten wir dau­er­haft hal­ten. Dazu brau­chen wir von unseren Ma­na­gern ein re­gel­mä­ßi­ges und gu­tes Re­port­ing über die ein­zel­nen Ob­jek­te in den je­wei­li­gen Fonds.

Wer­fen wir ei­nen Blick in die Zu­kunft: Wie wird sich Ihre Investment­strategie in den kom­men­den zehn Jah­ren ver­än­dern?

Uwe Zeid­ler: Die In­nen­städ­te nur mit Ein­zel­han­del zu fül­len, kann nicht ge­winn­brin­gend sein. Ein ge­misch­tes Nut­zungs­kon­zept ver­schie­de­ner Assets, etwa Büro- und Ein­zel­han­dels­im­mo­bi­li­en in der Kom­bi­na­ti­on mit Wohn­raum, das ist ein­fach sinn­vol­ler. Für uns ge­nügt ein Blick in die Ver­gan­gen­heit, um die Re­le­vanz von Nach­hal­tig­keit im In­vest­ment­sek­tor zu er­ken­nen. Noch vor zehn Jah­ren wa­ren zwei Drit­tel unserer Assets in An­lei­hen in­ves­tiert. In den zu­rück­lie­gen­den sie­ben Jah­ren ha­ben wir un­ser As­set-Ma­nage­ment deut­lich erhöht und wei­ter aus­ge­baut. Und wir su­chen wei­ter nach Al­ter­na­ti­ven, ge­ra­de auch nach der Co­ro­na-Kri­se. . Wir sind gu­ter Din­ge, dass ge­setz­li­che Vor­ga­ben zu ESG-Kri­te­ri­en kom­men wer­den. Ver­mut­lich wird die In­fra­struk­tur als As­set-Klas­se künf­tig sehr be­gehrt sein, auch weil über die Ei­gen­ka­pi­tal­ab­de­ckung stär­ke­re In­ves­ti­tio­nen mög­lich sind. So­bald wir die Chan­ce ha­ben, wer­den wir auch dort deut­lich investieren.

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