Future Asset Allocation
Diversifikation und Cashflow-Granularität
Dr. Steffen Hartmann, Head of Transactions & Strategy Real Assets bei Helaba Invest, verrät im Interview, wie risikoscheue Banken und Sparkassen ein resilientes Depot-A aufbauen können.
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Für Banken und Sparkassen bekommt das Depot-A zunehmend strategische Bedeutung zur Stabilisierung der Gesamterträge. Viele Depot-A-Manager agieren dabei überwiegend risikoavers – nicht nur gebremst durch die Regulierung. Für Dr. Steffen Hartmann, Head of Transactions & Strategy Real Assets bei Helaba Invest, gibt es vor allem einen Weg zu einem resilienten Real-Asset-Portfolio: Diversifikation mit dem Ziel einer möglichst hohen Granularität der Cashflows. Mehr Details lesen Sie hier im Interview zur aktuellen Wealthcap Studie „Future Asset Allocation – Resilienz in der institutionellen Anlage“.
DR. STEFFEN HARTMANN Weil die Ertragssäulen im klassischen Kerngeschäft der Kreditinstitute vor dem Hintergrund von Niedrigzinsen, Digitalisierung und Wettbewerb unter Druck geraten sind. Im Depot-A – also den Kapitalanlagen der Kreditinstitute auf eigene Rechnung – hingegen wird oftmals noch Ertragspotenzial identifiziert. Mit den bisherigen Anlagestrategien wachsen die Bäume allerdings auch nicht mehr in den Himmel, weswegen einige Kreditinstitute ihre Depot-A-Strategie überarbeiten.
DR. STEFFEN HARTMANN In erster Linie sind das natürlich die niedrigen Zinsen und Renditeerwartungen. Mit reinen Anleiheportfolios lassen sich die Zielrenditen nicht mehr erreichen und die teils sehr hohen Preise an den Investmentmärkten bergen neben niedrigen Ausschüttungsrenditen auch ein gewisses Rückschlagpotenzial. Wollen Depot-A-Manager in diesem Umfeld das Ertragspotenzial ausschöpfen, müssen sie ihre Anlagestrategie und ihre Asset Allocation anpassen. Daher investieren sie zunehmend in illiquide Assetklassen. Doch regulatorische Leitplanken und eine oftmals zu beobachtende grundsätzliche Risikoaversion bremsen sie dabei.
DR. STEFFEN HARTMANN Regulatorisch sind vor allem die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen sowie strenge Vorgaben an das Reporting zu beachten. Insofern fallen beispielsweise Zielfonds mit eingeschränktem Rückgaberecht oder mit einem für Kreditinstitute unzureichendem Berichtswesen bei der Investmentauswahl oftmals schon durchs Raster. Anbieter von institutionellen Anlageprodukten können mit speziell auf diese Anforderungen zugeschnittenen Produkten reagieren, doch das Anlageuniversum ist durch die genannten Anforderungen und Restriktionen häufig eingeschränkt, erst recht bei Investitionen im Ausland mit lokalen Fondsmanagern. Ich persönlich habe bei manchen meiner Gespräche den Eindruck, dass Reporting und Risikomessung inzwischen wichtiger sind als die Strategie und das risikoadjustierte Renditepotenzial eines Investments. Aber ich glaube nicht, dass Regulierung, zuweilen „ausuferndes“ Reporting und vermeintliche Risikoaversion in der nächsten Krise vor Abschreibungen schützen.
DR. STEFFEN HARTMANN Illiquide Sachwerte wie Immobilien, Infrastruktur oder Private Debt werden wegen ihrer vergleichsweise stabilen Cashflows geschätzt und die Höhe der Ausschüttungsrenditen ist zumeist auskömmlich. Zudem sind sie weniger volatil als zum Beispiel Aktien, wie die Kursrückgänge an den Börsen im vorigen Jahr mit anschließender Erholung gezeigt haben. Dennoch ist die Allokation in diesen Assetklassen bei Kreditinstituten im Vergleich zu anderen institutionellen Anlegergruppen wie beispielsweise Versorgungswerken oder Pensionskassen oftmals noch immer niedrig. Ganz ohne Risikobereitschaft lassen sich die Renditen aber nicht erwirtschaften, die viele Institute zur Stabilisierung ihrer Gewinn- und Verlustrechnung benötigen.
DR. STEFFEN HARTMANN In erster Linie durch Diversifizierung, und zwar nicht nur auf regionaler Ebene. Real-Asset-Investments sollten möglichst breit über Länder, Sektoren, Objekte, Mietvertragsstrukturen, Produktanbieter und Zyklen gestreut sein. Eine möglichst hohe Cashflow-Granularität ist der beste Weg zu weitgehend stabilen und prognostizierbaren Ausschüttungsrenditen. Nach unserer Meinung ist dies vor allem bei kleineren und mittelgroßen Instituten nur mit Fondsstrukturen effizient umsetzbar, denn für Direktinvestments fehlen zum einen oftmals die Kapazitäten und zum anderen die teilweise erforderliche Spezialisten-Expertise. Real-Asset-Investments sind komplexer als Anleiheportfolios – und die Komplexität nimmt weiter zu.
DR. STEFFEN HARTMANN In vielen Real-Asset-Märkten sind die Preise in den vergangenen Jahren stark gestiegen, beispielsweise bei Wohnimmobilien. Entsprechend niedrig sind inzwischen die Ausschüttungsrenditen. Damit wird die Auswahl der Assets schwieriger und die Anforderungen an das Asset-Management im Hinblick auf wertschöpfende Maßnahmen zur Optimierung des Nettoertrags wird komplexer. Außerdem differenzieren sich die Investmentmärkte immer weiter aus. Gesundheitsimmobilien, Logistikhallen oder Rechenzentren zum Beispiel haben sich inzwischen zu eigenständigen Nutzungsarten entwickelt – mit durchaus noch nennenswerten Renditepotenzialen. Hinzu kommen ausländische Märkte, die ebenfalls Spezialwissen und unter Umständen sogar Präsenz vor Ort erfordern.
Für alle diese speziellen Investmentthemen werden heutzutage spezialisierte Fonds initiiert. Viele größere institutionelle Investoren diversifizieren inzwischen bevorzugt auf Portfolio- und nicht mehr auf Zielfondsebene. Doch für kleinere und mittelgroße Investoren und Kreditinstitute wird diese Qual der Wahl zunehmend zu komplex und es fehlt häufig an Zugang zu solch spezialisierten Fonds und Managern, insbesondere im Ausland. Speziell auf ihre Erfordernisse zugeschnittene Dachfonds sind für diese Investorengruppe ein sinnvoller Ansatz.
DR. STEFFEN HARTMANN Auf jeden Fall ein moderater Einsatz von Fremdkapital. Ein zu hoher Leverage erhöht das Risiko eines Investments, wenn doch mal etwas schiefgeht. Und gerade bei langfristigen Investments spielen die Berücksichtigung und die rechtzeitige Antizipierung von Megatrends eine treibende Rolle. Das sind für uns Trends wie zum Beispiel die fortschreitende Urbanisierung, der demografische Wandel und die Digitalisierung. Welche Auswirkungen diese gesellschaftlichen Entwicklungen auf einzelne Assetklassen und Nutzungsarten, Standorte und bis zum einzelnen Objekt haben werden, sollte für eine resiliente Anlagestrategie unbedingt berücksichtigt werden.
DR. STEFFEN HARTMANN Nachhaltigkeit wird in Zukunft ein massiver Treiber sein. Derzeit stellt es aber auch eine Herausforderung dar, die regulatorischen Vorgaben in diese Richtung umzusetzen oder bei der Beurteilung von Immobilien und Mietern ein geeignetes Scoring oder Rating sowie transparente, einheitliche Marktstandards einzuführen. In jedem Fall wird uns das Thema dauerhaft begleiten. Ein nicht ESG-konformes Bürogebäude wird schon bald nur noch schwer an die begehrten internationalen, bonitätsstarken Mieter, die sich ebenfalls ESG-Kriterien unterwerfen, vermietbar sein. Objekte ohne ein Mindestmaß an ESG-Konformität werden langfristig kaum noch vermietet oder an institutionelle Investoren verkauft werden können.