Sanierung statt Neubau
Ein Münchner Bürogebäude als Vorbild zirkulären Bauens
Immobilien sind energie- und emissionsintensiv – nicht nur im Betrieb, sondern bereits in der Errichtungsphase. Beim Bau neuer Gebäude entstehen große Mengen CO2. Zement, Beton, Stahl und Glas zählen zu den emissionsintensivsten Werkstoffen überhaupt. Gleichzeitig entsprechen viele Bestandsimmobilien energetisch nicht mehr dem Stand der Technik. Für Mieter und Investoren, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, sind solche Objekte nicht mehr miet- beziehungsweise investierbar. Die Lösung aus diesem Dilemma liegt im intelligenten, zukunftsfähigen Umgang mit dem Bestand. Kreislaufwirtschaftliche Prinzipien können dazu beitragen, den Aufwand und die CO2-Emissionen so gering wie möglich zu halten.
Ein Praxisbeispiel liefert das „New Ganghofer“, ein Bürogebäude aus dem Wealthcap-Portfolio im Münchener Westen. In Kooperation mit dem Bauzulieferer Schüco – weltweit bekannt vor allem für Fenster und Fassadenkomponenten – wird die Immobilie umfassend ertüchtigt, insbesondere die Gebäudehülle. Das Ziel: die Energieeffizienz verbessern, den CO₂-Fußabdruck reduzieren und gleichzeitig möglichst viele Ressourcen im Kreislauf halten.
Der Bestand als Ressource
Der Wandel von der linearen zur zirkulären Immobilienwirtschaft steht noch am Anfang. „Die Branche spricht viel über Kreislaufwirtschaft, aber sie wird kaum real umgesetzt“, sagt Ralf Böthling, der Leiter für das technische Asset Management Real Estate bei Wealthcap. „Dabei ist der Erhalt bestehender Bausubstanz ein entscheidender Hebel, um Emissionen zu vermeiden.“ Gebäude sind für etwa 40 Prozent des globalen Energie- und Materialverbrauchs verantwortlich, und zwar sowohl im Betrieb als auch im Bau. Wer neu baut, statt zu sanieren, setzt dadurch „graue Emissionen“ frei
Deshalb entschied man sich beim „New Ganghofer“ bewusst für gezielte, minimalinvasive Sanierungsmaßnahmen – am sichtbarsten die ressourcenschonende Fassadensanierung. Das Bürogebäude unweit der Theresienwiese wird aktuell vom Single- in ein Multi-Tenant-Objekt umgewandelt. Die Herausforderung dabei: den gestiegenen Anforderungen an Komfort und Klimaschutz gerecht zu werden, ohne die ökonomische Tragfähigkeit sowie die Ökobilanz der Umbaumaßnahmen aus dem Blick zu verlieren.
Schritt für Schritt zur ESG-konformen Hülle
Im Mittelpunkt der Sanierung steht der Austausch der Fensterflügel, ergänzt durch neue Fassadenelemente und Sonnenschutzeinheiten. Doch statt die komplette Gebäudehülle zu entfernen, weden gezielt nur jene Bauteile ersetzt, die für eine spürbare energetische Verbesserung entscheidend sind. So können beispielsweise die Fensterrahmen erhalten bleiben. Das spart nicht nur Kosten, sondern auch Ressourcen, Bauzeit und Abfallvolumen. „Wir wollten so umfänglich wie nötig, aber so schonend wie möglich eingreifen“, so Böthling.
Bestellt wurden neue Fensterflügel aus Schüco-Ultra-Low-Carbon-Profilen – Leichtbaukomponenten mit hoher Wärmedämmleistung. Zudem erfüllen die Systeme die Anforderungen des Cradle-to-Cradle-Prinzips. Das heißt, sie lassen sich später sortenrein trennen und vollständig recyceln. Thomas Neumann, Projektverantwortlicher aufseiten von Schüco, spricht von einem „Balanceakt zwischen technischer Machbarkeit, geringstmöglichem Eingriff und im Ergebnis hohem Nutzerkomfort sowie Klimawirkung“.
Vom Einzelfall zum Modell
Das Projekt „New Ganghofer“ zeigt, wie Kreislaufwirtschaft konkret funktionieren kann: Bestand erhalten, Eingriffe auf das Wesentliche reduzieren und neue Materialien möglichst nach Nachhaltigkeitskriterien auswählen, und zwar sowohl in Bezug auf ihre Herstellung als auch auf den späteren Gebäudebetrieb. „Es geht nicht darum, alles zu erneuern, sondern nur das, was nötig ist – und das so effizient wie möglich“, erklärt Böthling. Das senkt nicht nur die Emissionen, sondern reduziert auch die Bauzeit und ermöglicht eine Sanierung im laufenden Betrieb.
Der Effekt wird spürbar sein: Die Energieeffizienz des Gebäudes wird deutlich verbessert und die ESG-Konformität gestärkt. Damit liefert „New Ganghofer“ nicht nur ein Argument für das Sanieren im Bestand, sondern auch eine Blaupause für weitere Projekte dieser Art.
