ESG Immo­bilien
Ar­ti­kel • 2025-10-16

Sa­nie­rung statt Neu­bau

Ein Münchner Büro­gebäude als Vor­bild zir­ku­lä­ren Bau­ens

Immo­bilien sind en­er­gie- und emis­si­ons­in­ten­siv – nicht nur im Be­trieb, son­dern be­reits in der Er­rich­tungs­pha­se. Beim Bau neu­er Gebäude ent­ste­hen gro­ße Men­gen CO2. Ze­ment, Be­ton, Stahl und Glas zäh­len zu den emis­si­ons­in­ten­sivs­ten Werk­stof­fen über­haupt. Gleich­zei­tig ent­spre­chen vie­le Be­stands­im­mo­bi­li­en en­er­ge­tisch nicht mehr dem Stand der Tech­nik. Für Mie­ter und In­ves­to­ren, die Wert auf Nach­hal­tig­keit le­gen, sind sol­che Ob­jek­te nicht mehr miet- be­zie­hungs­wei­se in­ves­tier­bar. Die Lö­sung aus die­sem Di­lem­ma liegt im in­tel­li­gen­ten, zu­kunfts­fä­hi­gen Um­gang mit dem Be­stand. Kreis­lauf­wirt­schaft­li­che Prin­zi­pi­en kön­nen dazu bei­tra­gen, den Auf­wand und die CO2-Emis­sio­nen so ge­ring wie mög­lich zu hal­ten.

Le­se­zeit: 3 Mi­nu­ten
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Ein Pra­xis­bei­spiel lie­fert das „New Gang­ho­fer“, ein Büro­gebäude aus dem Wealth­cap-Port­folio im Mün­che­ner Wes­ten. In Ko­ope­ra­ti­on mit dem Bau­zu­lie­fe­rer Schü­co – welt­weit be­kannt vor al­lem für Fens­ter und Fas­sa­den­kom­po­nen­ten – wird die Im­mo­bi­lie um­fas­send er­tüch­tigt, ins­be­son­de­re die Ge­bäu­de­hül­le. Das Ziel: die Energie­effizienz ver­bes­sern, den CO₂-Fuß­ab­druck re­du­zie­ren und gleich­zei­tig mög­lichst vie­le Res­sour­cen im Kreis­lauf hal­ten.

Der Be­stand als Res­sour­ce

Der Wan­del von der li­nea­ren zur zir­ku­lä­ren Im­mo­bi­li­en­wirt­schaft steht noch am An­fang. „Die Bran­che spricht viel über Kreis­lauf­wirt­schaft, aber sie wird kaum real um­ge­setzt“, sagt Ralf Böth­ling, der Lei­ter für das tech­ni­sche As­set Ma­nage­ment Real Estate bei Wealth­cap. „Da­bei ist der Er­halt be­stehen­der Bau­sub­stanz ein ent­schei­den­der He­bel, um Emis­sio­nen zu ver­mei­den.“ Gebäude sind für etwa 40 Pro­zent des glo­ba­len En­er­gie- und Ma­te­ri­al­ver­brauchs ver­ant­wort­lich, und zwar so­wohl im Be­trieb als auch im Bau. Wer neu baut, statt zu sa­nie­ren, setzt da­durch „graue Emis­sio­nen“ frei
 
Des­halb ent­schied man sich beim „New Gang­ho­fer“ bewusst für ge­ziel­te, mi­ni­mal­in­va­si­ve Sa­nie­rungs­maß­nah­men – am sicht­bars­ten die res­sour­cen­scho­nen­de Fas­sa­den­sa­nie­rung. Das Büro­gebäude un­weit der The­re­si­en­wie­se wird ak­tu­ell vom Sin­gle- in ein Mul­ti-Ten­ant-Ob­jekt um­ge­wan­delt. Die Her­aus­for­de­rung da­bei: den ge­stie­ge­nen An­for­de­run­gen an Kom­fort und Kli­ma­schutz ge­recht zu wer­den, ohne die öko­no­mi­sche Trag­fä­hig­keit sowie die Öko­bi­lanz der Um­bau­maß­nah­men aus dem Blick zu ver­lie­ren.

Schritt für Schritt zur ESG-kon­for­men Hül­le

Im Mit­tel­punkt der Sa­nie­rung steht der Aus­tausch der Fens­ter­flü­gel, er­gänzt durch neue Fas­sa­den­ele­men­te und Son­nen­schutz­ein­hei­ten. Doch statt die kom­plet­te Ge­bäu­de­hül­le zu ent­fer­nen, we­den ge­zielt nur jene Bau­tei­le er­setzt, die für eine spür­ba­re en­er­ge­ti­sche Ver­bes­se­rung ent­schei­dend sind. So kön­nen bei­spiels­wei­se die Fens­ter­rah­men er­hal­ten blei­ben. Das spart nicht nur Kos­ten, son­dern auch Res­sour­cen, Bau­zeit und Ab­fall­vo­lu­men. „Wir woll­ten so um­fäng­lich wie nö­tig, aber so scho­nend wie mög­lich ein­grei­fen“, so Böth­ling.
 
Be­stellt wur­den neue Fens­ter­flü­gel aus Schü­co-Ul­tra-Low-Car­bon-Pro­fi­len – Leicht­bau­kom­po­nen­ten mit ho­her Wär­me­dämm­leis­tung. Zu­dem er­fül­len die Sys­te­me die An­for­de­run­gen des Crad­le-to-Crad­le-Prin­zips. Das heißt, sie las­sen sich spä­ter sor­ten­rein tren­nen und voll­ständig re­cy­celn. Tho­mas Neu­mann, Pro­jekt­ver­ant­wort­li­cher auf­sei­ten von Schü­co, spricht von ei­nem „Ba­lan­ce­akt zwi­schen tech­ni­scher Mach­bar­keit, ge­ringst­mög­li­chem Ein­griff und im Er­geb­nis ho­hem Nut­zer­kom­fort sowie Kli­ma­wir­kung“.

Ein in­di­vi­du­el­ler Bau­ab­lauf­plan stellt si­cher, dass die Maß­nah­me un­ter lau­fen­dem Be­trieb er­fol­gen kann – bei nur ge­ring­fü­gi­ger Be­ein­träch­ti­gung der Miet­flä­chen. Par­al­lel wird ein prä­zi­ses, indivi­duell auf die­ses Bau­vor­ha­ben zu­ge­schnit­te­nes Rück­bau- und Re­cy­cling­kon­zept ent­wi­ckelt, bei dem sämt­li­che de­mon­tier­ten Tei­le do­ku­men­tiert, sor­tiert und der Wie­der­ver­wer­tung zu­ge­führt wer­den. Dar­un­ter: 43 Ton­nen Alu­mi­ni­um, 315 Ton­nen Glas sowie die al­ten Son­nen­schutz­ele­men­te. Die Re­cy­cling­quo­te beim Me­tall­ein­satz liegt bei 95 Pro­zent. Ein­ge­baut wer­den 45 Ton­nen neue Fens­ter­flü­gel – ge­gen­über Stan­dard­pro­fi­len führt dies laut Pro­jekt­team zu ei­ner CO₂-Ein­spa­rung von rund 218 Ton­nen al­lein durch die Ma­te­ri­al­wahl.

Vom Ein­zel­fall zum Mo­dell
 
Das Pro­jekt „New Gang­ho­fer“ zeigt, wie Kreis­lauf­wirt­schaft kon­kret funk­tio­nie­ren kann: Be­stand er­hal­ten, Ein­grif­fe auf das We­sent­li­che re­du­zie­ren und neue Ma­te­ria­li­en mög­lichst nach Nach­hal­tig­keits­kri­te­ri­en aus­wäh­len, und zwar so­wohl in Be­zug auf ihre Her­stel­lung als auch auf den spä­te­ren Ge­bäu­de­be­trieb. „Es geht nicht dar­um, al­les zu er­neu­ern, son­dern nur das, was nö­tig ist – und das so ef­fi­zi­ent wie mög­lich“, er­klärt Böth­ling. Das senkt nicht nur die Emis­sio­nen, son­dern re­du­ziert auch die Bau­zeit und er­mög­licht eine Sa­nie­rung im lau­fen­den Be­trieb.
 
Der Ef­fekt wird spür­bar sein: Die Energie­effizienz des Ge­bäu­des wird deut­lich ver­bes­sert und die ESG-Kon­for­mi­tät ge­stärkt. Da­mit lie­fert „New Gang­ho­fer“ nicht nur ein Ar­gu­ment für das Sa­nie­ren im Be­stand, son­dern auch eine Blau­pau­se für wei­te­re Pro­jek­te die­ser Art.

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