Zwischen Boom und Neubewertung Teil 2
Was die Cash-on-Cash-Rendite verrät
Corona-Pandemie und Zinsschock ab 2022 haben die Büroimmobilienmärkte erschüttert. Sie waren allerdings erst der Anfang einer Reihe von Ereignissen, die seither auf den Markt einwirken. Wealthcap hat analysiert, was sich dadurch fundamental geändert hat und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen. Dazu wurde eine aussagekräftige Kennzahl gewählt: Erfahren Sie mehr über die Aussagekraft der Cash-on-Cash-Rendite als Indikator im Zeitverlauf.

Die jüngsten Verwerfungen an den Büroimmobilienmärkten haben eine lange Vorgeschichte in der Niedrigzinsphase, der sich Wealthcap in einem früheren Beitrag ausführlich gewidmet hat. Bei genauerer Analyse der Entwicklung der Büroimmobilienmärkte der deutschen Top-7-Städte zeigt sich, welche unterschiedlichen und teils gegenläufigen Auswirkungen geldpolitische Maßnahmen und Zinsentwicklungen haben können – zumal vor dem Hintergrund eines konjunkturell und wirtschaftspolitisch herausfordernden Umfelds. Dies ist vor allem deshalb relevant, da diese Aspekte hinsichtlich der Ausnutzung und Grenzen von Leverage-Effekten relevant sind. Der Einsatz von Fremdkapital (Leverage) ist unter „normalen“ Bedingungen nicht nur ein Vehikel, um die Rendite zu steigern, sondern auch relevant, um den Markt für eine breitere Zielgruppe zu öffnen. Inwiefern das auch für das gegenwärtige Umfeld zutrifft, gilt es zu untersuchen.
Um die Entwicklungen der vergangenen Jahre exemplarisch darzustellen, eignet sich die Betrachtung der Cash-on-Cash-Rendite, die als relevante Kennziffer zur Messung des Renditeerfolgs eines Immobilien-Investments dienen kann und somit den Verlauf des Marktes transparent abbildet. „Die CoC-Rendite zeigt die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital, basierend auf dem Nettobetriebsergebnis und abzüglich der Fremdkapitalkosten“, erläutert Julian Schnurrer, Leiter Portfolio Management Real Estate & Finanzierung bei Wealthcap. „Sie bildet somit den tatsächlichen Cashflow unterm Strich ab – und das ist es, worauf es für viele Investoren am Ende ankommt. Zugleich wird so eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Investments ermöglicht.“
Was ist die Cash-on-Cash-Rendite?
Die Cash-on-Cash- oder Coc-Rendite errechnet sich aus dem Nettobetriebsergebnis (Net Operating Income, NOI) abzüglich Zins- und Tilgungszahlungen, geteilt durch das eingesetzte Eigenkapital, ausgedrückt in Prozent pro Jahr: Als Gleichung: Betriebsergebnis - (Zins + Tilgung) / investiertes Eigenkapital
Eine Beispielrechnung: Der Erwerb einer Büroimmobilie kostet 10 Mio. Euro, die jeweils zur Hälfte durch Fremd- und Eigenkapital aufgebracht werden. Die Nettomieterträge belaufen sich auf 40.000 Euro pro Monat, also 480.000 Euro pro Jahr, was einer Ankaufsrendite von 4,8 % entspricht. Das Fremdkapital ist mit 3 % verzinst, hinzu kommen bei 25-jähriger Laufzeit 4 % Tilgung. Daraus ergeben sich im ersten Jahr Fremdkapitalkosten von 7 % beziehungsweise 350.000 Euro, wobei die Zinskosten mit zunehmender Tilgung im Zeitverlauf sinken. Die Differenz zwischen Betriebsergebnis und Fremdkapitalkosten von 130.000 Euro ist zu den 5 Mio. Euro eingesetztem Eigenkapital ins Verhältnis zu setzen: die CoC-Rendite liegt damit im Anfangsjahr bei diesem hypothetischen Beispiel bei 2,6 %.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies ja bereits die erste Tilgungsrate einschließt. Dies kommt am Ende der Haltedauer einem größeren Nettoverkaufserlös zugute, da dann weniger Fremdkapital getilgt werden muss. Lässt man diese Tilgung außer Acht oder unterstellt eine endfällige Tilgung, beläuft sich die Eigenkapitalrendite durch den Fremdkapitalhebel auf 6,6 %.
„Ein entscheidender Faktor der CoC-Rendite ist die Finanzierungsstruktur, die maßgeblich vom vorherrschenden Zinsniveau abhängt“, so Schnurrer. „Auch der gewählte Leverage-Hebel, also die Höhe des aufgenommenen Fremdkapitals, wirkt sich direkt auf die CoC-Rendite aus. Hinzu kommt der Tilgungsplan.“
Ein Schlüsselfaktor ist also die Höhe der Zinssätze, und auf die haben die Immobilieninvestoren nur begrenzt direkten Einfluss. Natürlich spiegeln sich auch die Bonität des Kreditnehmers, die Qualität des Objekts und die Höhe des Leverages in den Zinskosten wider. Entscheidend ist aber ebenso das Zinsumfeld und damit die geldpolitische Ausrichtung der Notenbanken, die wiederum von exogenen Faktoren wie der Entwicklung der Makroökonomie und vor allem der Inflation beeinflusst wird.

Zinsänderungen infolge von externen Schocks und historischen Ereignissen hat es immer gegebenJulian LalMarktresearch bei Wealhtcap
„Sei es das Platzen der Dotcom-Blase, die Terroranschläge vom 11. September, die Weltfinanzkrise, die Corona-Pandemie oder der jüngste Zinsschock, um nur einige der wichtigsten Ereignisse seit der Jahrtausendwende zu nennen. Nur eines war beim Zinsschock ab 2022 anders als bei den anderen Ereignissen: das ungewöhnlich hohe Tempo der Zinserhöhungen, das es bis dato so nicht gegeben hatte.“
„Wie unter einem Brennglas haben sich die Auswirkungen des Zinsschocks gezeigt und eine Zeitenwende herbeigeführt, die das Ende der ‚Goldilocks‘-Epoche einläutete. Nach unserer Überzeugung werden auch künftig die Marktzyklen deutlicher kürzer sein, was einen längerfristigen Planungshorizont erschwert“, so ein erstes Zwischenfazit von Julian Lal.
Damit einhergehend zeigt sich auch eine erhöhte Volatilität, die sich insbesondere an den Entwicklungen der Umlaufrenditen zehnjähriger Bundesanleihen in der jüngeren Vergangenheit ablesen lässt. Diese ist zugleich ein wichtiger Referenzwert für die Bauzinsen, die wiederum maßgeblich für etwaige Finanzierungskonditionen ist. Im Jahresverlauf 2024 zeigte sich, dass die gesunkenen Leitzinsen nicht in dem Maße zu einer Anpassung geführt haben und die Renditen der Bundesanleihen auf einem erhöhten Niveau verblieben und sogar moderat gestiegen sind. Auffallend ist zugleich, dass bis zum vergangenen Jahr eine erhöhte Korrelation zwischen den Umlaufrenditen und dem Leitzins bestand, die sich nun allerdings nicht mehr in dem Maße beobachten lässt (Abbildung 1).
Die durch das Zinsumfeld geprägte Finanzierungsstruktur ist allerdings nicht die einzige Determinante, die die CoC-Rendite bestimmt – wie bereits an der Definition zu erkennen ist. Auch die Höhe und die Entwicklung der Mieteinnahmen als Basis für das Nettobetriebsergebnis sind ein wesentlicher Faktor, der sich eins zu eins positiv auf die CoC-Rendite auswirkt – „und der zumindest teilweise vom Investor aktiv beeinflusst werden kann“, so Schnurrer. Dazu mehr in einem späteren Artikel.
Eine weitere Determinante ist der Ankaufspreis, ausgedrückt in Relation zu den Mieterträgen – oder umgekehrt ausgedrückt: die Ankaufsrendite. „Eine zu niedrige Ankaufsrendite ist äquivalent zu einem zu hohen Ankaufspreis, was sich in der Praxis nicht immer leicht durch steigende Mieten und ein effektives Leveraging kompensieren lässt.“ Doch die Preisfindung wird derzeit – auch noch drei Jahre nach dem Zinsschock – dadurch erheblich erschwert, dass so wenig Transaktionen stattfinden. „Der Transaktionsmarkt war ursprünglich durch den Zinsschock zum Erliegen gekommen, nunmehr sind konjunkturelle und geopolitische Ursachen die bremsenden Faktoren ebenso wie die Unsicherheit von Leerstandsentwicklungen“, so Schnurrer. „Wir sind zwar zuversichtlich, dass es in naher Zukunft wieder mehr Bewegung geben wird. Doch bis auf weiteres ist dies ein limitierender Faktor. Die erhöhte Preisvolatilität in liquiden Assetklassen wirkt sich indirekt auch auf die Immobilienmärkte aus und erschwert zusätzlich eine transparente Preisfindung.“
Wealthcap hat die Entwicklung der CoC-Renditen an den deutschen Büroimmobilienmärkten (Top-7-Städte 1) seit Beginn des Jahrtausends analysiert und dabei unter anderem die Beobachtung gemacht, dass in der „alten Welt“ relativ stabiler beziehungsweise geringfügig steigender operativer Renditen die größten Schwankungen in den CoC-Renditen durch Zinsanpassungen zustande kamen – bei einer negativen Korrelation beider Größen: Sinkende Zinsen hatten steigende CoCs zur Folge. Das änderte sich ab 2015, als die immer stärker sinkenden Ankaufs- beziehungsweise operativen Renditen nicht mehr durch noch weiter sinkende Zinsen aufgefangen werden konnten, wie die nachfolgende Grafik zeigt (exemplarisch dargestellt für einen LTV von 60 %).
1 Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt/Main, Düsseldorf, Stuttgart
Cash-on-Cash-Rendite in Relation zum Zinsniveau - LTV 60 (in %)
Lal: „Die Nutzung des Leverage-Effekts ist grundsätzlich ein gutes Instrument, um das Renditepotenzial zu stärken, gerade in Phasen steigender Ankaufspreise und niedriger Zinsen. Leveraging ist damit auch ein Zeichen funktionierender Märkte mit risikoadäquaten Preisen. Dabei gilt es allerdings Maß und Mitte zu bewahren: Ein zu hoher LTV kann die CoC-Rendite bei externen Zinsschocks schnell ins Negative drehen, etwa wenn Objektwerte korrigiert werden müssen und infolgedessen Eigenkapitalquoten gerissen werden oder Prolongationen nicht mehr möglich sind. Bei einem kleineren LTV lässt sich dies deutlich besser verkraften.“ Zudem kann es in Phasen von Preiskorrekturen dazu kommen, dass die Mietrenditen unter die Fremdkapitalkosten fallen, was betriebswirtschaftlich dazu führen kann, dass die Rückführung des Fremdkapitals bzw. die Durchführung von Objektmaßnahmen durch Liquidität beziehungsweise Eigenkapital effizienter ist als durch eine weitere Fremdfinanzierung.
Neben einem möglichst positiven Renditeeffekt gibt es auch weitere Aspekte eines Fremdkapitaleinsatzes: eine größere potenzielle Investorenzielgruppe – gegenüber reinen Eigenkapitalinvestoren –, um mittels Ausnutzens des Leverage-Effekts auf ihre Zielrendite zu kommen oder diese zu hebeln bzw. auch mit einem definierten Eigenkapital breiter zu differenzieren, da sie mehr Investitionsvolumen adressieren können, was eine Diversifizierung des Portfolios begünstigen kann.
„Die CoC-Renditen sind vor allem für langfristige Bestandshalter die relevante Kennzahl“, ergänzt Schnurrer weiter und schränkt ein: „Kurzfristige Wertentwicklungen fließen in die Berechnung nicht mit ein, und somit auch nicht die Bewertungsrückgänge, die in vielen Teilmärkten infolge der Zinsentwicklung zu beobachten waren. Für Anlagestrategien, die auf kurzfristige Wertmaximierung und anschließenden Verkauf ausgerichtet sind, spielen Bewertung und Marktliquidität eine wesentlich größere Rolle.“
„Eine langanhaltende Niedrigzinsphase wird so schnell nicht wiederkommen, gleichzeitig müssen sich auch langfristig orientierte Investoren auf immer kürzere Marktzyklen einstellen“, sagt Lal. „Was wir derzeit beispielsweise in der Zollpolitik und ihren Marktauswirkungen erleben, hat es in dieser Geschwindigkeit noch nicht gegeben. Marktteilnehmer agieren daher mit großer Vorsicht, auch an den Immobilienmärkten. Deren vergleichsweise langsame Bewertungsmechanismen können zumindest dazu beitragen, die Schwankungen im Gesamtportfolio etwas zu glätten.“
Fazit: Zeitenwende an den Kapital- und Immobilienmärkten
Das Ende des „Goldilocks“-Szenarios markiert eine Zeitenwende an den Kapital- wie an den Immobilienmärkten und führt zu einer Adjustierung von Marktmechanismen. Ein erhöhter Leverage führt nicht zwangsläufig zu einem höheren Rendite- beziehungsweise Cash-on-Cash-Potenzial und ist im Gesamtkontext vorherrschender Finanzierungsumfeld zu betrachten.
Zugleich schlagen sich sinkende Leitzinsen nicht mehr eins zu eins in sinkenden Hypothekenzinsen nieder. Das mindert die Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen. Zugleich verändert sich das makroökonomische Umfeld heutzutage so schnell, dass die Immobilienmärkte diesem Tempo nicht mehr folgen können. Viele kurzfristige Entwicklungen verpuffen daher – was für langfristig orientierte Investoren auch von Vorteil sein kann.
Neben dem Zinsniveau sind weitere Determinanten wie Mieten und Ankaufspreise entscheidend für die Höhe der CoC-Rendite. Die Mieten lassen sich zwar in gewissem Maße durch aktives Asset-Management beeinflussen, sie hängen jedoch auch von strukturellen Faktoren wie dem Flächenangebot, der Nachfrage sowie der konjunkturellen Entwicklung ab. Des Weiteren gilt: Werden Ausgaben für Vermietung und Objektverbesserung geplant, gilt es im Sinne der langfristigen und nachhaltigen CoC-Optimierung je nach Markt- und Finanzierungsumfeld zu prüfen, ob diese durch Liquidität bzw. Eigenkapital oder über ergänzende Finanzierung, einen höheren LTV gegenfinanziert werden soll. Die Aspekte hinsichtlich der Angebots- und Nachfragedeterminanten werden im dritten und letzten Teil der Serie vertieft.
Redaktionsschluss 30.06.2025.